Seit Monaten ist das Thema „Künstliche Intelligenz“ in der Wirtschaft und an den Börsen wie auch in diversen Artikeln und Veröffentlichungen ein Dauerbrenner. Gerade weil das Thema so omnipräsent war und ist, habe ich es intensiv verfolgt, aber bislang nichts dazu geschrieben. Weil sich aber immer mehr die Frage stellt, welche Auswirkung KI auf Jobs in der Schreibbranche hat, möchte ich dazu ein paar Punkte ansprechen.
KI und Lektorat
Dass künstliche Intelligenz beim Überarbeiten von Texten helfen kann, ist nicht neu. Die Korrekturfunktion von Microsoft ist so gesehen ein alter Hut und fast alle von uns arbeiten an Texten seit Jahren mit KI. Neu ist natürlich das verstärkte Generieren von Texten – dazu komme ich gleich noch. Ebenfalls neu ist aber auch die Existenz von KI als Berater.
Bezogen auf das Lektorieren von deutschen Texten glaube ich, dass Computerprogramme dem bis heute nicht vollends gewachsen sind. Das liegt zum einen daran, dass Formulierungen meist in ihrer Gesamtheit auf mehreren Ebenen (sprachlich, inhaltlich, orthografisch) erfasst werden müssen und gleichzeitig nicht so stark auf ein bestimmtes Schema reduziert werden können, dass für die KI ein Fall wie „Wenn A, dann B“ herauskäme.
Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass KI Tippfehler und oft auch falsche Grammatik findet, aber nur bedingt Hilfen zum besseren Formulieren geben kann. Gerade beim Korrigieren von Flüchtigkeits- und Tippfehlern ist die KI besonders gut, denn sie ermüdet nicht und lässt sich auch nicht von Vervollständigungen blenden – das menschliche Gehirn ersetzt beim Lesen fehlende Buchstaben, das ist hinterher sehr ärgerlich und man martert sich eben selbiges Gehirn, wie man einen Fehler bloß übersehen konnte.
So stellt sich die KI von Afdobe Firefly einen Korrektur lesenden Robotor vor
Hier helfen mir Korrekturprogramme – ich arbeite für einen finalen Qualitätscheck sowohl mit LanguageTool als auch mit dem Duden Korrektor. Und auch die Korrekturfunktion von Word leistet mir beim Schreiben gute Dienste. Trotzdem muss ich die meisten Änderungen bewerten und einordnen können, es gibt häufige Fehlalarme, manche vorgeschlagene Änderungen sind schlicht unsinnig.
KI und Texten
Wenn es ums Schreiben geht, habe ich in meinem Umfeld nun des Öfteren gehört, dass KI gute Texte schreibt, die jedem durchschnittlichen Texter (oder jeder Texterin) das Wasser reichen können. Ich habe dazu naturgemäß eine eigene Meinung. Weil mich Groschenhefte und Arztromane in ihrer brutalen Einfachheit faszinieren, ich aber das nahezu gleich funktionierende Genre „Krimi“ spannender finde und mich darin etwas besser auskenne, habe ich ChatGPT testweise einen Kriminalroman schreiben lassen.
Das vor wenigen Monaten erzeugte Ergebnis hat mich durchaus fasziniert, der Krimi war so geplottet, wie man es kennt. Eine Blaupause, um damit weiterzuarbeiten, war in jedem Fall vorhanden. Schnell gab es in den Texten aber Redundanzen und Unstimmigkeiten, auch sprachlich hakte es manchmal dergestalt, dass Passagen ungelenk und umständlich wirkten. Bei einem zweiten Test, den ich kürzlich durchgeführt habe, empfand ich die Sprache zudem als schlechter und auch fehlerhafter.
Dies würde zu Meldungen passen, dass KI nicht unendlich trainiert werden kann und zur Schulung auf eine hohe Qualität von Texten angewiesen ist, wenn sie hervorragende stilistische Qualitäten entwickeln soll. Während Menschen „nur“ eine Reihe von „Meisterwerken“ lesen müssen, um sich am dortigen Stil zu schulen, trainiert die KI mit riesigen Textmengen unterschiedlicher stilistischer Qualität. Die KI-geschriebenen Texte sind daher per se nicht „aus einem Guss“ und es ist fraglich, ob sie dies je sein werden.
Nun kommt es vor allem auf den Einsatzzweck der Texte an: Brillante Formulierungen braucht es vielleicht nicht, wenn es um die Pflegeanleitung einer Gurkenpflanze in einem Gartenbaublog geht. Aber in einer hochwertigen Unternehmensbroschüre, in der Selbstdarstellung einer Freiberuflerin auf ihrer Website, kommt es unter Umständen auf jeden Satz an. Mit einem menschlichen Pendant, das die Texte schreibt, ergeben sich mindestens zwei Vorteile: 1.) Der Stil stammt von einer Person, man erhält also keine bunte Stilmischung. 2.) Menschliche Texter*innen können persönlich gebrieft werden und erhalten so Infos zur Tonalität wie zum Inhalt. Im Austausch kann der Text direkt eine bestimmte Färbung, eine persönliche Note erhalten.
Worthülsen, die erst mal schön klingen, aber eigentlich nichts aussagen, schaffen es nach einem persönlichen Briefing eher selten in den Text.
Was die Zukunft bringt, wird die Zukunft zeigen
Es sind also durchaus Zweifel angebracht, ob KI, gerade was das Schöpferische angeht, in absehbarer Zeit Menschen überholen oder ersetzen wird. Expert*innen oder Zukunftsforscher*innen wissen in der Regel auch nicht mehr über das, was kommt. Sie können die aktuelle Zeit sehr gut analysieren und haben im besten Fall ein tief greifendes Verständnis ihrer Materie – trotzdem sind gesellschaftliche und technologische Entwicklungen auch unvorhersehbaren Zufällen unterworfen.
An der KI fasziniert wohl vor allem das Unsichere des Möglichkeitsraums: Vieles ist möglich, es kann sich viel verändern.
Beitragsbild: Rock’n Roll Monkey auf Unsplash
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