Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Apostrophe sind keine Exoten, sondern im Gegenteil sogar häufig zu sehen. Das Problem: Bei Tine’s Friseurshop, Bernd’s Wurstexpress und Claudia’s Iss’ wat braucht es meistens gar keinen Apostroph – oder die Setzung ist gleich ganz und gar falsch. Ein Grund dafür ist vielleicht, dass die Anwendung nie wirklich eingeübt wurde, weil der Apostroph in der Schule keine Rolle gespielt hat.
Wer das ändern möchte: Besonders im Hinblick auf die Typografie ist der dazugehörige Artikel von Typefacts sehr lesenswert. Die Grundregeln, wann und wo Apostrophe gesetzt werden, stelle ich im Folgenden vor.
Keiner da? Der Apostroph bei fehlenden Buchstaben bzw. Auslassungen
Apostrophe stehen in der Regel dort, wo etwas ausgelassen wird. Ruft also ein froher, aber übermüdeter Nachtschwärmer seinen unternehmungslustigen Kumpanen „Habt noch ’ne schöne Nacht“ zu, dann wird ein Apostroph gesetzt, weil eigentlich „eine schöne Nacht“ gemeint ist.
Hebt ebendieser Nachtschwärmer nun einen Fuß verträumt über eine Pfütze und einer der dankbaren Freunde warnt ihn mit „Hab Acht!“, dann braucht es in diesem Fall keinen Apostroph, weil es sich um einen üblichen Befehl, einen Imperativ, handelt. Geh mir fort. Bleib doch stehen. Trink aus!
Weil ich vorher schrieb, dass der Apostroph in der Regel bei Auslassungen gesetzt wird: Dies gilt für schwer lesbare oder missverständliche Formen. In der ersten Person Singular des Präsens Indikativ (Ich + Verb in der Jetztzeit) setzt man ihn normalerweise nicht, da in der Regel beide Formen üblich sind. Ich habe/hab da was gehört. Ich hole/hol ihn mal eben.
Einen Apostroph braucht es bei „Verleih“ nicht, da die Endung in der 1. Person Singular des Präsens Indikativ so oder so geschrieben werden kann: Verleih/Verleihe deinen Träumen Flügel.
Verschmelzungen: Der Apostroph und das angehängte „s“
Auch die vorhin beschriebene Setzung des Apostrophs bei angehängtem „s“ ist nicht zwingend, zumindest wenn es um Verschmelzungen von es mit vorangehenden Verben geht. Mir geht’s gut oder mir gehts gut. Falsch ist solch ein Apostroph dann, wenn es sich um Verschmelzungen aus Präposition und Artikel handelt. Wenn sie als allgemein üblich gelten, erhalten sie keinen Apostroph: ans, aufs, hinters, vors, beim, zum, übern, vorn.
Wichtig ist in diesem Fall, einheitlich zu bleiben. Wer sich für Los geht’s entscheidet, muss dies mit allen ähnlichen Varianten durchhalten. Gleichzeitig muss man sich aber auf die Finger klopfen, wenn man Dinge wie schnell mal ums Haus schreibt. Denn bei um + das handelt es sich um die bereits beschriebene Verschmelzung von Präposition und Artikel.
Eine beliebte, aber leider falsche Überlegung ist es außerdem, dass man ein „s“ bei Substantiven oder auch bei Familiennamen anhängen könnte. Die Besitzerin des Fahrrads, der Admin des Systems … Hier wohnen die Müllers. All diese Wendungen bleiben ohne Apostroph.
Ein falscher Apostroph in freier Wildbahn: Das „s“ wird bei Substantiven direkt angehängt.
Namen und Apostrophe
Es gibt aber trotzdem eine Regel, nach der Apostrophe bei Namensnennungen gesetzt werden. Endet ein Name ohne dazugehörigen Artikel im Genitiv auf s, ss, ß, tz, x, ce, dann wird ein Apostroph gesetzt. Statt Eliases Gyrosland oder Andreases Wurstbude heißt es Elias’ Gyrosland, Max’ Wurstexpress. Schauen wir uns den Fall von Andrea und Andreas an: Wenn Andreas’ Imbisseck von Andrea übernommen würde, hieße es entweder Andreas Imbisseck oder aber auch Andrea’s Imbisseck. Auch wenn nicht ganz klar wird, warum man es braucht, ist der Apostroph bei Andrea’s Imbisseck zur Kennzeichnung der Grundform des Namens zulässig. Ein Apostroph vor dem Genitiv-s von Namen ist ansonsten aber unüblich.
Aber ein Apostroph kann auch mitten in einem Namen auftauchen. Ob es dabei um Martin Heidegger oder Mario Barth geht, ist in diesem Fall völlig egal. Spricht man von ihrer Art und Weise, also wie sie Dinge angehen oder tun, sind zwei Formen legitim: der heideggersche oder der Heidegger’sche Hammer. Die barthsche oder Barth’sche Lehre, dass Frauen nicht mit diesem Hammer umgehen können. Mit Apostroph wird der Name also groß-, ohne kleingeschrieben.
Noch ein letzter Punkt in Sachen Namen: Wenn im Wortinneren von Namen größere Buchstabengruppen weggelassen werden, setzt man einen Apostroph. Deshalb können Leute ganz einfach über den Ku’damm schlendern.
Der Apostroph hat also tatsächlich viel mit Namen zu tun, aber nur in ganz bestimmten Schreibweisen.
Wann kein Apostroph gesetzt wird
Es gibt inzwischen einige populäre Zweifelsfälle, wann man einen Apostroph setzen könnte. Das hat durchaus etwas mit der Globalisierung der Sprachen zu tun, bekannte Probleme tauchen auch bei der Getrennt- und Zusammenschreibung deutscher und fremdsprachiger Wörter auf. Die Schreibung von verkürzten Jahreszahlen mit Apostroph stammt aus dem englischen Sprachraum, ist momentan aber in der deutschen Sprache noch nicht als Regel vorgesehen: Weihnachten 94.
Auch Abkürzungen mit Genitiv- und Pluralformen erhalten keinen Apostroph: des Jh.s, die Pkws. Genauso falsch ist der Apostroph aus dem Beitragsbild: Iss wat enthält schlicht keine Auslassung. Es handelt sich dabei ganz regelkonform um eine Flexion, die aus dem Imperativ (die Befehlsform) des Verbes „essen“ resultiert. Immerhin: Wäre es als Frage gemeint, könnte man einen Apostroph hineinschmuggeln: Is’ wat?
Harte Fakten: Alles Wichtige in Kürze
- Apostrophe kennzeichnen unübliche Auslassungen: So ’ne Frechheit.
- Sie können gesetzt werden bei „es“-Anschlüssen, das ist aber nicht zwingend: Mir geht’s gut.
- Bei Verschmelzungen von Präposition und Artikel ist der Apostroph falsch: Aufs Haus oder ins Herz, das ist mir gleich.
- Genau so falsch ist er in der 1. Person Singular Präsens Indikativ: Ich ruf ihn mal.
- Im Wortinneren kann der Apostroph bei Ableitungen von Eigennamen stehen, oder er markiert die Auslassung größerer Buchstabengruppen in Wörtern: Der freudsche/Freud’sche Komplex. Der Ku’damm befindet sich im Westen der Stadt.
- Enden Namen auf s, ss, ß, tz, z, ce und stehen ohne Artikel, kennzeichnet der Apostroph den Genitiv. Ein Apostroph vor dem Genitiv-s von Namen wird normalerweise nicht gesetzt, er kann gelegentlich aber zur Betonung der Grundform verwendet werden. Hans’ Wellensittich ist in Form. Gauß’ Ideen sind spannend. Daniela’s Hundesalon ist sehr zu empfehlen.
Diesen Artikel habe ich erstmals am 9. Januar 2017 veröffentlicht und am 30.03.2020 umfassend überarbeitet und aktualisiert. Die letzte große Aktualisierung erfolgte am 27.11.2024.
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